Veröffentlicht am Kategorien 1. Bundesliga, 2022, Allgemein, Spieltag

Im Keller brennt noch Licht?

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(opa) Wer vorgestern als neutraler Zuschauer einschaltete, hätte sich wohl gefragt, weshalb bei dem dargebotenen so viele Zuschauer da waren und weshalb diese so euphorisch auftraten. Fußballerisch und sportlich war das absolute Magerkost und selten hätte es ein verdienteres Unentschieden gegeben. Absolute Harmlosigkeit gegen totale Ungefährlichkeit und es ist irgendwie kein Wunder, dass ein Treffer der Kategorie “Kacktor” das Spiel leider zugunsten des Zweitligisten entschied, der danach gemeinsam mit seinen euphorisierten Anhängern feierte, als hätte man gerade den Europapokal geholt.

Dabei spielte nur Not gegen Elend und es ist nichts entschieden. Die Aufgabe bleibt, beim Rückspiel in Hamburg zu gewinnen. Das war schon unabhängig vom Ausgang des Hinspiels so, aber die Niederlage dürfte psychologisch eine extreme Hypothek sein, zumal sich Hertha nicht in die Relegation gerettet hat, was der Mannschaft vielleicht den entscheidenden Spin hätte geben können, sondern man wurde regelrecht im Fallen noch einmal getreten. So tritt die Mannschaft zuletzt auch auf und das Trainerteam schafft es offensichtlich auch nicht, der Truppe Selbstbewusstsein einzuhauchen. Alles, was auf dem Platz geboten wird, wirkt verkopft, verkrampft, angespannt. Von Fußballspiel keine Spur, nur Fußballarbeit und die wird handwerklich meist noch schlecht ausgeführt.

Pässe wie immer kniehoch und in den Rücken, kaum gefährliche Szenen und Torschüsschen irgendwo in den zweiten Oberrang, selbst Standards können nicht mehr erfolgreich in Ergebnisse umgesetzt werden. Die zwischenzeitliche Rückkehr des wundersamen Plattenhardt ist als kurz aufflackerndes Strohfeuer schon längst wieder verraucht und der eine oder andere Spieler tritt auf, als würde er die beiden zusätzlichen Spiele als behinderndes Abhalten vom wohlverdienten Urlaub betrachten. Eine Melange, die leider wie gemalt ist, um den Abstieg zu besiegeln.

Denn auch der restliche Verein scheint nichts dafür zu tun, um dem längst in Gang gesetzten Abwärtsstrudel entgegenzuwirken. Mediales Zanken zwischen Investor und Präsident, Fans, die die Abwahl des Präsidenten fordern und mittendrin Rekordmanager Bobic, der während des kostspieligen Umbaus der Geschäftsstelle wohl mehr Gräben ausgehoben statt zugeschüttet hat und dessen Neuzugänge die Probleme weitgehend weder zu lösen geholfen haben noch irgendwie sonst eingeschlagen sind. Wenn man ehrlich ist, hat selten ein Relegationsteilnehmer den Abstieg mehr verdient als in dieser Saison unsere Hertha.

Und dennoch muss jeder, dem dieser Verein am Herzen liegt, darauf hoffen, dass man die Klasse hält, denn eine Sanierung, die trotz der Geldspritze der letzten Jahre notwendig ist, wird in Liga 2 noch herausfordernder als wenn man an den Futtertrögen der ersten Liga bleibt. Die wichtigste Personalentscheidung wird unabhängig davon aber die des nächsten Trainers sein und wie man diesen in den Verein und in die Strukturen eingebaut bekommt und wie man diesem den Rücken stärkt. Die Grenze zwischen Europa und Abstieg ist in der 1. Liga weiterhin dünn und man tut gut daran, die Ziele in der kommenden Saison etwas demütiger zu formulieren als man es in dieser Saison getan hat, wo man sich nach den Transferperioden so was von guter Arbeit selbst bescheinigt hat und vermutlich jetzt nicht so gern an die eigenen Worte erinnert wird.

Viel zu tun bleibt auch in Sachen Kaderplanung. Sündhaft teure Kaderleichen wie Lukebakio und Herr Freitag werden vermutlich zurückkehren und neue Abnehmer zu finden wird entsprechend schwierig werden. Dazu mit Torunarigha, Redan, Ngankam, Zeefuik oder Dilrosun ein ganzer Blumenstrauß an weiteren ausgeliehenen Spielern, für die interne oder externe Verwendung zu suchen sein wird und die man wohl nur von der Gehaltsliste bekommt, wenn man wenigstens Teile des Gehalts anderswo übernimmt. Im Keller brennt deshalb noch Licht, weil man rund um die Uhr arbeiten müsste. Gut, dass wenigstens gerade kein Superbowl ist.

Genießen wir also wenigstens das Wochenende und sammeln Nerven und Kräfte für das alles entscheidende Spiel am Montag. In der polnischen Nationalhymne heißt es “Noch ist Polen nicht verloren” (womit wir dann für heute auch den Bildungsauftrag erfüllt hätten). Spätestens Montag am späten Abend sollten wir wissen, ob Polen nun verloren ist oder offen. Vielleicht gibt’s ja auch wieder eine weitere Verlängerung mit Sportgerichtsprozess, wo Hertha von seinen geschickten Winkeladvokaten die Wucht von Halbangst erläutern und die Friedfertigkeit der eigenen Spieler vortragen lässt.

HaHoHe, Euer Opa

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