Veröffentlicht am Kategorien 1. Bundesliga, 2022, Allgemein

FC Hoolywood

160 Kommentare lesen

(opa) Was allein in den letzten Tagen bei Hertha los war, dürfte bei anderen Vereinen für ein ganzes Jahrzehnt an Skandälchen reichen und immer, wenn man denkt, nun könne ja etwas Ruhe einkehren, platzt die nächste Bombe. Der nicht gerade geräuschlose Abgang von Arne Friedrich, der sich nicht mehr in Entscheidungen eingebunden fühlte, scheint nur die Ouvertüre der Selbstdemontage gewesen zu sein, der wir dieser Tage beiwohnen.

Ein weiteres Lowlight dieser Tage war das Video, was der rbb von der Trainingsansprache von Trainer Korkut veröffentlicht hat. “You are here until shit” (Schwaben können offensichtlich nicht nur kein hochdeutsch) sollte wohl bedeuten, dass die Spieler bis irgendwohin in der Scheiße stehen, zeigt aber, dass Zweifel an Bobics Aussage angebracht sind, der Trainer erreiche die Mannschaft noch.

Der Manager hätte seinen Trainer vielleicht zwecks Aufbesserung der englischen Sprachkenntnisse zur Weiterbildung mit zum Superbowl nehmen sollen. Bobic hatte zuvor nicht nur demonstrativ dem Trainer den Rücken gestärkt, sondern auch die Spieler als das Problem ausgemacht. Da diese allerdings auch die Lösung liefern müssen, ist man geneigt, Zweifel an den Aussagen des Managers zu haben, der ja auch sonst nicht müde wurde, die tolle Mentalität der Spieler zu loben, die er verpflichtet hat. Wenn Geld keine Tore schießt, dann schießt auch Mentalität keine Tore.

Wenn dann noch offensichtliche Überforderung mit dem Ligaalltag dazu kommt und man Spieler aus Ligen verpflichtet, in denen Zweikämpfe körperlos wie im Basketball geführt worden zu sein scheinen, dann holt man eben nicht nur keinen Stich, sondern fährt den Karren nur noch fester in den Graben, aus dem man seit mittlerweile 9 Spielen einen Weg heraus sucht, obwohl man sich selbst dafür gelobt hat, dass man alles umgesetzt hat, was man sich vorgenommen hat. Bobics Zigarre sind seine Selbstbeweihräucherungen.

Andererseits ist die Lage natürlich vertrackt, denn mal ernsthaft: Welcher Trainer bei Verstand würde sich in der Situation Hertha antun? Es haben alle die Klinsmann-“Tagebücher” über die Kultur im Verein gelesen. Jeder hat gesehen, wie hier zum Teil renommierte Trainer mit der Mission gescheitert sind. Schon die Verpflichtung von Korkut war ja eigentlich der Gipfel der Hilflosigkeit, um keinen Oenning oder Doll verpflichten zu müssen. Nicht einmal Peter Neururer würde kommen, wenn Bobic anruft (Whatsapp benutzt er ja nicht) und selbst bei “Loddar”, dem man nachsagt, er würde auch als Greenkeeper arbeiten wollen, würde man sich wohl einen Korb holen. Vielleicht ist also das Festhalten an Korkut einfach auch der Tatsache geschuldet, dass kein anderer will?

Auch intern dürfte keiner wollen. Hartmann verlässt ja nicht nur den Verein, sondern hat ja auch vor Jahren schon gesagt, dass er nicht Cheftrainer werden möchte. Vielleicht erklärt auch das den vorzeitigen Abgang von Arne Friedrich, weil der es sonst hätte machen müssen? Also Pobäckchen zusammen und durch? Wer könnte es denn noch? Ach ja, der nette Herr Covic ist noch im Verein mit der notwendigen Lizenz und der Zigarrenliebhaber, dessen Verhältnistemperatur zum Manager aber eher nicht dazu in der Lage sein dürfte, die Zigarre zu entzünden. Also bleibt der “I am here until shit”-Trainer. Vorerst.

Den Fans hat man dieser Saison keine Aufholjäger-Kampagne serviert, vorgestern durften die Fans virtuell Dampf ablassen. Schön, dass man da eine Abwechslung gefunden hat, so können wir befreit von Frust auch die Mission Wiederaufstieg 2023 feiern. Für die zweite Liga werden die Rückkehrer wie Lukebakio, Herr Freitag und all die anderen verliehenen Spieler ja wohl reichen. Vielleicht sollte im Stab des Herrn Bobic noch eine Planstelle des Verleihmanagers eingerichtet werden? Interner Code “Verleihnix”? Immerhin könnten sich bei ihm auch alle diejenigen wiederfinden, die meinen, der Fisch stinke vom Kopf her.

Heute früh ließ dann ein Sprecher unseres Investors die Bombe platzen, dass man die Veröffentlichung der Doku gestoppt habe, weil sie “weder den abgesprochenen Vorstellungen noch professionellen Ansprüchen entsprach. Es war ungeeignet für eine Veröffentlichung.” Weiter hieß es, “ein hochrangiges Mitglied der Hertha-Geschäftsleitung” habe sich “vor laufender Kamera in ehrabschneidender und herablassender Weise über Herrn Windhorst als Investor” geäußert. Dabei hatte Bobic doch schon dieser Tage festgestellt, dass dieser Windhorst “mit Sicherheit keine Tore” schießen wird.

Der Umgangston wird also rauer, die Zeichen für die Selbstzerstörung des Vereins mehren sich, der Sprecher des Investors sagte heute “Im Mai ist die nächste Mitgliederversammlung. Da wird sicher etwas passieren müssen”, was zumindest weiterhin Unterhaltung im Stile des FC Hoolywood verspricht, wo man mit dem Fuß voran aufeinander losgeht. Hollywood überlassen wir anderen Vereinen, bei uns braucht es nicht einmal Fans, die irgendwelche Stufen zünden, weil diese längst brennen.

Immerhin hätte ein Abstieg auch durchaus positive Aspekte: Die Gegner spielen sportlich auf unserem Niveau, man kann nach Rostock, Magdeburg und Dresden mit dem Regio fahren, wird auf mindestens einen Traditionsclub aus der Riege HSV, Bremen oder Schlacke da unten treffen und sogar die Preiserhöhung von DAZN trifft einen nicht, weil die – vermutlich wegen des erstklassgen Preises – keinen zweitklassigen Fußball übertragen.

Doch noch kann man ja raus aus “here until shit”. In den nächsten 9 Spieltagen sind zumindest theoretisch noch 27 Punkte zu holen, womit man punktgleich mit Dortmund wäre, wenn die kein Spiel mehr gewinnen. Das wäre mal eine Aufholjagd, wobei das Wort man bei Hertha wohl auch eher nicht mehr sagen darf wie in Russland auch einige Worte auf dem Index stehen. Ich werde zur Beruhigung etwas Tolstoi lesen: “Spezialoperation und Frieden”.

HA HO HE, Euer Opa.

160 Comments
neueste
älteste
Inline Feedbacks
View all comments