(opa) In einigen Tagen wird sich herausstellen, ob Hertha für die kommende Saison die Lizenz erhält und unter welchen Rahmenbedingungen die Fälligkeit der Anleihe gehandhabt werden muss. Werden die Anleihegläubiger noch einmal verlängern oder muss Hertha sein zweites Finanzierungskonzept aus dem Hut zaubern, welches wohl einer selbstauferlegten Rosskur gleichkommen dürfte und den ohnehin engen Spielraum noch weiter einschränken wird? Wobei andererseits Hertha ja gerade mit einigen Spielern Verträge verlängert hat, mindestens bei Reese sicher mal auch zu nochmals verbesserten Konditionen, was den Spielraum dann noch weiter einschränkt, was die Frage aufwirft, wie eng der Gürtel wirklich geschnürt werden muss.
Letztlich ist es immer ein Balanceakt zwischen möglichst hohem sportlichen Output und gleichzeitigem Vermeiden der eigenen Zahlungsunfähigkeit. Ohne Moos ist eben nix los. Wobei Hertha viel Moos versenkt hat, während der sportliche Output eigentlich nur eine Richtung kannte. Vom Europapokalteilnehmer rutschte man trotz 374 Mio. € Zuwendung ins Mittelfeld ab, bis man in Abstiegsgefahr geriet und letztlich abstieg und es anschließend trotz Rekordbudgets tunlichst vermied, etwas mit dem Wiederaufstieg zu tun gehabt zu haben. Ein so agierender Verein wäre normalerweise dem Untergang geweiht und letzte Saison galt Hertha bei der DFL im Lizenzierungsverfahren als “der schlimmste Fall, den wir je hatten”.
Irgendwie wurstelt der Berliner sich ja immer durch. Zwei verlorene Weltkriege, Blockade, Mauerbau, Teilung und Mauerfall konnten irgendwie der Stadt nichts anhaben, auch wenn der eine oder andere Bauskandal die Finanzen der Stadt beutelt oder die eine oder andere Brücke in den märkischen Sand bröselt. Hertha war eine Konstante, immer hart an der Grenze zum Bankrott, immer wieder mal totgesagt und doch immer überlebt im Gegensatz zu allen anderen Erstligisten der Stadt, die bis aus einen nach ihrem kometenhaften Aufstieg in die 1. Liga irgendwann in die Insolvenz mussten, sei es Tasmania, Blauweiß oder TeBe. Nur die ehemaligen Freunde aus dem Nahen Osten an der Dahme hat es bisher nicht erwischt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Gesucht wird derzeit neben den Millionen für die Lizenz auch ein Geschäftsführer, der sich in diesem Spannungsfeld zu bewegen weiß. Dass sich keiner findet, mag damit zusammenhängen, dass der Job bei Hertha zwar nicht ganz unattraktiv ist, aber die Handlungsmöglichkeiten doch arg eingeschränkt sind, während die Erwartungshaltung hoch ist. Und der Kandidat soll anscheinend auch nicht allzu viel verändern oder bei den Stakeholdern anecken, die sich den Verein mittlerweile Untertan gemacht haben und die sich an der Verwendung eines historischen Logos auf der Trainingsjackenkollektion stoßen. Mit Hertha ist es nicht so einfach. Das wird sich wohl auch Fredi Bobic denken, der immer noch auf eine Rückmeldung von Hertha wartet, ob man dem Vergleich zustimmt. Auch ein Vorgang, der keine Werbung für zukünftige Führungskräfte macht.
Konstanten bleiben erst einmal Trainer Leitl, Offensivstar Reese, der stets bemüht wirkende Zeefuik, der zumindest im Spiel ohne allzu schnelle Bewegung starke Leistner und der wechselhaft auftretende Cuisance. Um diese Spieler und ggf. auch Demme wird man ein Team formen und Achsen etablieren müssen, was offensiv ganz sicher nach dem Abgang von Maza eine Herausforderung wird, der in der abgelaufenen Saison DER Dreh- und Angelpunkt des Offensivspiels war. Ohne weitere Abgänge, insbesondere der verliehenen Spieler, wird man nicht weiter einkaufen können, das gibt der Etat kaum her. Vor allem für Nsona und Rogel muss eine Lösung her, die Gehälter verdienen dürften, die sich Hertha nicht leisten kann. Aber selbst dann bleibt die Regalhöhe eher übersichtlich.
Dass das nicht unbedingt schlimm sein muss, haben Teams wie Elversberg, Paderborn, Magdeburg, Lautern, Karlsruhe oder Hannover bewiesen, die alle sportlich vor Hertha am Ende der Saison standen mit deutlich weniger namhaften Spielern in deren Reihen. Doch dafür müssen Faktoren miteinander in der gleichen Richtung wirken, mit denen sich Hertha seit Jahren schwer tut, sei es nun die Torwartentwicklung, die Fitness oder die Standards. Hinten dicht und vorn hilft Reese dürfte kaum mehr bringen als wieder für sehr viel mehr Geld als andere im Mittelfeld zu landen. Genau das sollte laut Finanzgeschäftsführer Huschen ja vermieden werden. Das ist die Aufgabenstellung des neuen sportlichen Geschäftsführers, für die sich kein Kandidat zu finden scheint.
Nach einer der schlimmsten Heimbilanzen dann auch noch im bisher dauerkartenträchtigsten Bereich durchaus massiv die Preise zu erhöhen, ist auch ein Signal, wenngleich diese Preiserhöhung nicht mal reichen dürfte, um die Gehaltserhöhung von Reese zu refinanzieren, der sich dann dafür zu den Worten “Geld ist nicht alles” feiern lässt. Na ja. Es ist zu befürchten, dass die sehr, sehr langfristige Verlängerung zu für einen Zweitligisten üppigen Konditionen, am Ende ggf. mit der “Bobiclösung” zu einem Ende begracht werden müssen.
Bei Hertha muss immer zu einem gewissen Maß mit dem schlimmsten gerechnet werden. Sonst wäre ein Job bei Hertha eben auch kein Himmelfahrtskommando, wobei Himmelfahrt ja eigentlich etwas positives ist. Und wer weiß, vielleicht findet sich ja am 40. Tag mach der Lizenzerteilung endlich ein Heiland in Form eines neuen Geschäftsführers, der aus Nobodys ein Aufstiegsteam formt, dabei den Nachwuchs einbaut und auch den heiligen Florian zu neuen Höhen inspiriert.
Ein “Hosianna” wollen wir singen, wobei das heute zum Ausdruck des Jubilierens verwendete Hosianna in seiner hebräischen Urform mit “Hilf doch!” übersetzt werden muss. Wenn aus dem Flehen nach Hilfe ein Jubeln wird, dann sind wir vielleicht ganz nah bei Hertha, so der Fußballgott sich auch mit einem “Ha Ho He” zufrieden geben mag, unser Schlachtruf seit 1927, welcher dieses Jahr an Christi Himmelfahrt 98. Geburtstag feiert. Wenn das mal kein Omen ist.
Amen. Äh, HaHoHe, Euer Opa.