Veröffentlicht am Kategorien 2. Bundesliga, 2023, Allgemein, Spieltag

Achterbahnfahrt an der Ostsee

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(opa) Was für ein Spiel, davon wird man noch seinen Enkeln erzählen, selbst dann, wenn sie es nicht hören wollen. Einer einigermaßen souveränen ersten Halbzeit, in der Hertha die Kieler um eine Klasse überlegen waren, folgte ein unorganisiert, lustlos und unfit wirkender Auftritt über weite Teile der zweiten Halbzeit, in der die Kieler auch unter Mithilfe des merkwürdig pfeifenden Schiris schnell den Ausgleich schafften. Hertha entglitt das Spiel, auch weil die in der ersten Halbzeit auffällige Achse rund um den Ex-Kieler Reese aus dem Spiel genommen wurde und weil man sich nur dann hinten reinstellen sollte, wenn man hinten auch sicher ist.

Als Trainer Dardai das erkannte, war es fast schon zu spät und der Siegtreffer fiel zwar vielumjubelt und man hörte ganze Geröllhalden von den Herzen der Herthaner poltern. Glück gehabt und solche Spiele sind besonders dann toll, wenn man gewonnen hat. Das genießt man, auch wenn der Skeptiker in einem sich zu Wort meldet und nicht zu Unrecht anmahnt, dass genau solche Spiele zu oft verloren wurden in den letzten Jahren. Daher gilt es für uns Fans glücklich zu sein, für Spieler, Trainer und Funktionsteam gilt es aber nun, endlich das zu tun, wofür sie alle am Monatsende einen üppigen Scheck bekommen.

Niemand kann und niemand darf bei Hertha mit diesem Ergebnis zufrieden sein. Zu eklatant ist das Fitnessproblem, welches ja sogar Dardai selbst im Nachspielinterview angesprochen hat. Wie kann das sein, dass Spieler am 7. Spieltag einer Saison nicht die Fitness mitbringen, mehr als eine gute Halbzeit auf den Rasen zu bringen? Und weshalb wird dieser Umstand nicht abgeschafft? Mag ja sein, dass Fitness allein keine Tore schießt, aber ohne Fitness kann man eben auch keinen Leistungssport betreiben und wird in diesem auch nicht erfolgreich sein.

Und nichts blendet Sportler mehr als Erfolg. Die Denke “hat ja gereicht” mag zwar auf das gestrige Spiel bezogen reichen, aber es wird sicher nicht reichen, um die intern sicher kommunizierten Saisonziele zu erreichen, deren Erreichen für den Verein überlebensnotwendig sind, dessen Existenz an einem ähnlich seidenen Faden hängt wie der gestrige Sieg. Daher ist jetzt die Zeit, weiter hart zu arbeiten. An den sportlichen Skills, an Spielzügen, an der Fitness, an Plan B und am Treffen von Toren. Derry Scherhant hatte da gestern einen “he had one job” Moment, der wohl in den sportlichen Rückblicken Einzug halten wird. Leider.

Leider vor allem deshalb, weil zwischen Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt genau 4 Punkte liegen. 4 Punkte mehr und Hertha stünde auf einem Aufstiegsplatz, 4 Punkte weniger und Hertha stünde auf einem Abstiegsplatz. Auch in Liga 2 gibt es keinen Spielraum für Fehler.

Wir Fans können derweil den “dreckigen” Sieg genießen und uns bei Kollegen und Bekannten nach dem Abschneiden derer Lieblingsmannschaft erkundigen, wo derzeit dort der Haussegen schief hängt, wo man über Jahre Häme und Spott über uns gekübelt hat. Egal, ob Köln oder Köpenick, man kann mit einem fetten Grinsen fragen, wie die gespielt haben. Selbst, wenn man es bereits weiß. Aber die gequälten Gesichter sind eben unbezahlbar und weshalb sollte man die Rolle des “David” nicht auch einmal für sich nutzen?

Also lasst uns die Woche mit breiter und stolzgeschwellter blauweißer Brust durch die Stadt flanieren, während unsere Profis schwitzen und unsere Gegner Trübsal blasen. Der Gesprächsstoff wird uns jedenfalls nicht ausgehen.

HaHoHe, Euer Opa

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