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Leistung muss sich wieder lohnen?

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(opa) Im Fußball geht nichts ohne Geld und um an selbiges zu kommen, bedarf es auf Spielerseite durchaus an Talent und auf Vereinsseite, selbiges zu entdecken und zu fördern. Hier gibt es seitens der in der DFL organisierten Vereine und seitens des DFB entsprechende Abkommen, da ja auch das Abschneiden der Nationalmannschaft langfristig davon abhängig ist, was im Deutschen Fußball an Talenten entdeckt und gefördert wird. Im Alltag unterscheiden sich aber die tatsächlich er- und gelebten Realitäten deutlich von den vollmundigen Absichtserklärungen und das schwache Abschneiden der Nationalmannschaft ist nur die konsequente Folge davon.

Vereine, die traditionell viele Talente aus ihren Akademien hervorbringen wie Hertha, Stuttgart oder Gelsenkirchen, ziehen viel zu wenig messbaren Nutzen aus der Ausbildung, weil die Nutznießer dieses Engagements bereits trotz eigentlich bestehenden Verbots Jugendliche und sogar Kinder regelrecht abwerben und der Ausbildungsverein nicht mehr dafür bekommt als ein paar günstige Silberlinge, die vielleicht das Talent selbst, aber nicht das Aussieben der vielen erfolglosen Bewerber adäquat entschädigen. Andererseits gehört zur Wahrheit auch, dass Akademie-Vereine wie Hertha eben auch bei lokalen Vereinen “wildern” und diese zum Teil gar nichts außer den gezahlten Vereinsbeiträgen des Talents erhalten.

Genug Geld zum Umverteilen wäre durchaus da, immerhin kommen schon Minderjährige in den U-Mannschaften mit Spielerberatern, die Maximalforderungen erstellen, bei denen sich die Vereine bis an die Grenzen der Risikobereitschaft strecken müssen. Und da man als ablösefreier Spieler mittels Handgeldern Gewinnoptimierung betreiben kann, wird z.T. mit extrem harten Bandagen gekämpft. Doch wie sollte eine Reform dieses Systems aussehen, welches durch unsere sky-, DAZN- und Magentagelder befeuert wird, dass am Ende alle Beteiligten irgendwie happy damit sind? Eine Herkulesaufgabe, der sich der deutsche Fußball aber stellen muss, wenn man nicht international zur Zweitklassigkeit verdammt sein will.

Ein Draftsystem wie im US Sport könnte ein interessanter Ansatz sein, ist aber mit dem europäischen Arbeitnehmerrecht wohl kaum vereinbar, ähnliches gilt für die heute jederzeit unterlaufbaren Verbote von Wechseln von Jugendlichen und Kindern. Also muss man die Geldverteilschlüssel so anpassen, dass diejenigen, die eine große Akademie mit U-Mannschaften in allen Altersklassen betreiben nicht gegenüber denen benachteiligt sind, die das nur im Rahmen des absolut notwendigen Minimums betreiben und gezielt Talente von Wettbewerbern abwerben. Und an die Amateurvereine, die im Vorfeld beteiligt waren, sollte auch stärker gedacht werden, zumal hier vermutlich ohnehin der größte Hebel von Aufwand und Nutzen zu finden sein dürfte.

Anlass für diese Zeilen ist, dass der bei Hertha ausgebildete Lazar Samardzic, der für 1,5 Mio. € Ablöse von Herthas U19 zu RB Leipzig gewechselt ist und ein Jahr später mit 100 % Wertaufschlag zu Genua wechselte, nun bei einem anderen Serie A Club für 25 Millionen Ablöse im Gespräch sein soll, weil seine bereinigte Torschusschancenkreierungsstatistik bei beeindruckenden 6,32 Torschuss-Gelegenheiten und somit oberhalb derer liegen soll, die Kevin De Bruyne erzeugt. Herthas Profit für 11 Jahre Ausbildung, seitdem er 2009 als siebenjähriger von Grün-Weiss-Neukölln zu Hertha wechselte, ist bei einem solchen Deal verschwindend gering, der von Grün-Weiss minimal.

Auch wenn die Diskussion über Sinn und Unsinn der Nachwuchsarbeit einige nervt, muss sie dennoch immer wieder geführt werden, wenn wir die damit verbundenen Probleme lösen wollen. Klar ist, dass die Bundesliga und die Nationalelf auch in Zukunft Nachwuchs benötigen und Nachwuchsförderung primär in den Vereinen stattfinden muss. Wenn sich das nicht mehr lohnt, wird es düster um die einstmals ruhmreiche Nationalelf, die ihren Gegnern früher das Fürchten lehrte.

Und wenn Hertha einen Weg findet, Talente nicht nur zu identifizieren, sondern eben auch gezielt investieren kann, um diese hierzubehalten, dann profitieren auch wir Fans davon.

HaHoHe, Euer Opa

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