(opa) Den Saisonauftakt einzuordnen, scheint sich zu einer schwierigen Aufgabe zu entwickeln. Während die einen “ist nicht so schlimm” sagen, sind andere bereits bedient und schenken die Saison ab. Beides sind Extrempositionen, aber beide sollte man ernst nehmen, obwohl keine richtig sein dürfte. Hertha ist mit klar formulierten Ambitionen in die Saison gegangen und hat sicher am oberen Ende des eigenen finanziellen Limits einen Kader zusammengestellt, der angesichts der Konkurrenz gut genug sein sollte, um dem gerecht zu werden. Dass dieser sichtbar noch nicht als Einheit funktioniert, kann nicht von der Hand gewiesen werden, defensiv wackelte man deutlich und offensiv fand man zu selten und zu ungefährlich statt. Nichts, was man nicht wieder hinbekommen sollte, aber derzeit zu wenig für den eigenen Anspruch.
Ein Knackpunkt dürfte dabei sein, dass man durch den Weggang von Maza im Mittelfeld deutlich weniger präsent ist. Gerade in der Umschaltbewegung fehlt es an diesem Spieler, der variabel ist und einen Ball festmachen kann, bis Mitspieler nachgerückt sind und der diese dann zielsicher bedienen kann. Es wirkt im Vergleich fast so, als sei dort ein Loch. Und wenn vorn keine Bälle ankommen, nutzt auch eine Doppelspitze nichts. Auf das vorgestern einigermaßen ratlos wirkende Trainerteam wartet nun viel Arbeit, die Statik herzustellen, die es braucht, um erfolgreich Spiele zu bestreiten. Gut, dass das nächste Spiel erst 9 Tage später ist, aber es ist fraglich, ob das in der kurzen Zeit zu schaffen ist, was man in den Monaten der Sommerpause versäumt zu haben scheint.
Personell nachlegen wird man kaum können, der finanzielle Rahmen ist eng und dürfte auf Kante genäht sein. Zumal man nominell für Zweitligaverhältnisse mit 31 Spielern üppig besetzt ist. Warum Trainer Leitl mit diesen drei Spielern als Innenverteidigern spielte, obwohl ihm insgesamt 7 (bzw. 8, weil Zeefuik nominal als Außenspieler eingeordnet ist) Innenverteidiger zur Verfügung stehen, bleibt eine dieser Fragen, auf die es keine plausible Antwort zu geben scheint. Der Erklärungsansatz, man habe den Beginn des Spiels verschlafen und sich vom doch eher einfältig, aber engagiert agierenden Gegner das Spiel abnehmen lassen, ist angesichts der Historie dieses Teams beinahe als Frechheit zu bezeichnen.
Wesentliche Teile dieses Teams standen auch in der vergangenen Saison auf dem Platz. Und auch da hat man schon diesen Fehler allzu häufig gemacht. Woher Teile der Spieler angesichts des mangelhaften Engagements das Selbstbewusstsein hernehmen, sich selbst als Aufstiegskandidat zu sehen, bleibt ein Rätsel. Ist es Überheblichkeit? Bei dem sich als Superstar inszenierenden Reese, von dem weite Teile des Spiels nichts zu sehen waren, wäre das ein bequemer Erklärungsansatz. Nur führt selbst diese Erklärung nicht zwingend zu einer Lösung. Aber schicke Klamotten hat er präsentiert vorm Saisonstart.
Das neue Trikot war damit nicht gemeint. Abgesehen des eher als Posse zu bezeichnenden “Streifengates” ist der wirkliche Skandal eher das Design des gelben Ausweichtrikots. Ein furchtbarer Gelbton, der an ein in eine Güllegrube gefallenen Textmarker erinnert, kombiniert mit Applikationen, die aus Vorhängen von ausrangierten Intercitys der 90er Jahre genäht zu sein scheinen. Dazu die Verwendung einer Fahne auf den Fantrikots, die gemäß den “Fahne-pur-Talibans” nicht satzungsgemäß sein dürfte, da das weiß durch gelb ersetzt wurde. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, was auf dem einen oder anderen Transparent zu lesen sein wird, wenn am Sonntag der KSC ins Oly kommt.
Hoffen wir das Beste, dass die Mannschaft darauf brennt, den Stotterstart wiedergutmachen zu wollen. Auch unter dem letzten Trainer, mit dem ein Zweitligaaufstieg gelang, war der Saisonstart vergeigt und es folgte eine Rekordserie mit einem Aufstieg mit Rekordpunktestand. Noch ist also nichts verloren, aber Geduld ist nicht des Herthaners allererste Tugend. Und der KSC hat uns daheim mehr als einmal weh getan. Das tut der Fanfreundschaft keinen Abbruch, das wäre dann aber doch besorgniserregend, wenn man auch bei der Partie keinen Zugriff aufs Spiel bekäme. Zumal das bemüht wirkende Selbstbewusstsein der Vereinsführung, die keinen Geschäftsführer zu finden scheint, dann einen deutlichen Knacks weghaben dürfte.
Dass es anderen noch schlechter geht, ist dabei nur wenig Trost. Dass die Düsseldorfer sich von Bielefeld haben 5:1 und die Bochumer von Darmstadt 4:1 haben abschlachten lassen, mag dem Berliner zwar Schadenfreude abgerungen haben, aber “koofen” können wir uns davon nichts. Zumal wir da auch noch antreten und es besser machen müssen. Aber wir haben ja jemanden, der woanders mehr Geld hätte verdienen können und der sich dafür ausführlich feiern lassen durfte. Möge er auch angesichts seiner neuen Aufgabe als Kapitän der Mannschaft seinen Worten Taten auf dem Platz folgen lassen.
HaHoHe, Euer Opa