Veröffentlicht am Kategorien 1. Bundesliga, 2021, Allgemein, Länderspiel, Transfers

Todeslinie für Hertha

680 Kommentare lesen

(opa) Der Schock scheint tief in der Herthagemeinde zu sitzen ob der Ereignisse des gestrigen Deadlinedays. Mit verwunderten Augen wurden die Ladebalken der social media Abteilung unseres Herzensvereins versucht zu intertreptieren. Dass am Ende beinahe nur Abgänge standen, die selbst dann kein Ende nahmen, als anscheinend Ersatzdeals platzten, wird in den nächsten Tagen und Wochen noch zu bewerten sein. Was fest steht, ist, dass uns nahezu sämtlichen Scorerpunkte der letzten Saison verlassen haben und nicht einmal annähernd adäquat ersetzt worden zu sein scheinen.

Das erinnert nicht nur an die Geschehnisse 2009, als nach der Fastmeisterschaftssaison Leute wie Simunic, Pantelic & Co. ziehen gelassen und nicht ersetzt wurden. Ein sportlicher Aderlass, der zu einer Rekordniederlagenserie und anschließend zur Absetzung des Trainers führte, der dann auf einer ominösen Pressekonferenz in einem Berliner Hotel Worte sagte, dass der Verein den Abgang des ehemaligen Managers nicht verkraftet habe. Wenigstens in dem Punkt dürfte kaum Wiederholungsgefahr bestehen.

Aber die Angst vor einem weiteren Abstieg sitzt nach dem desaströsen Saisonauftakt mit null Punkten aus drei Spielen und nicht erkennbarem Spielsystem tief. Die Aussagen Dardais, die Vorbereitung sei perfekt verlaufen, bekommen nicht nur nach den drei verlorenen Spielen, sondern auch nach der gestrigen Nichtverstärkung, einen äußerst schalen Nachgeschmack, den man als Fan dringend loswerden möchte.

Dass Hertha trotz der eines 32 Mio. € Transferübschusses auf dem Transfermarkt nicht handlungsfähig zu sein scheint, sollte die Alarmglocken vor Herthas Problemposition nur noch lauter schrillen lassen. Die Finanzen dieses Vereins scheinen unermessliche Tiefen zu besitzen und das Agieren am Transfermarkt nicht nur damit erklärbar, dass nun schwäbische Sparsamkeit einzieht. Dass Schwaben zudem nicht immer sparsam sind, haben die Hoenessbrüder bewiesen, die beide im schwäbischen Ulm zur Welt kamen und beide gern mit Millionen zockten.

Als ich vor einigen Jahren nach den beiden Abstiegen den wahren Schuldenstand unserer Hertha auf einen dreistelligen Millionenbetrag schätzte, bin ich seinerzeit barsch angegangen worden, wie ich so etwas behaupten könne, obwohl es eindeutige Anzeichen dafür gab. Dass die Löcher so tief sein müssen, hat aber auch meine Vorstellungskraft überstiegen und der 375 Mio. € Einstieg des Investors scheint nichts geändert zu haben. Dieser Umstand ist vermutlich nur deshalb nicht so erschütternd, wie er sein müsste, weil die Erkenntnis erst nach und nach einsetzte und sich durch eine beinahe lähmende Ohnmacht bemerkbar macht.

Platz 18, immer noch hochverschuldet, eine Transferperiode zum Vergessen, keine Aufbruchstimmung, da könnte man fast meinen, es ginge nicht mehr schlimmer und es könne nun nur noch bergauf gehen. Das mag die legitime Sicht eines Optimisten sein, aber wie sagte Heiner Müller: Optimismus ist nur ein Mangel von Informationen. Und wer in den letzten Jahren Fußball unter Dardai verfolgt hat, weiß auch, dass der Unterhaltungsfaktor meist übersichtlich war. Selten sah ich so viele Fans sich während Spielen Bier holen als zu Hochzeiten der zwar nicht ganz erfolglosen, aber gänzlich unansehnlichen “Hintenrumscheiße”.

Jetzt kommen nach der Länderspielpause, in der die deutsche Elf gegen Armenien antritt, ein biblisch wichtiges Land mit dem Berg Ararat, an dem die Arche Noah strandete, vermeintlich kleine Gegner, die aber hochmotiviert sein werden, sich bei uns die für den Klassenerhalt erforderlichen Punkte zu holen. Und außer biblischen Motiven bleibt dem gerade mal wieder deprimierten Herthaner ja auch kaum Hoffnung. Insofern hoffen wir, dass die gestrigen Abgänge nicht die apokalyptischen Reiter, sondern die drei Weisen des Morgenlandes waren, die den Anbruch einer neuen Zeit verkündeten.

Amen, ich meine Ha Ho He, Euer Opa

680 Comments
neueste
älteste
Inline Feedbacks
View all comments