Veröffentlicht am Kategorien 1. Bundesliga, 2021, Allgemein, Mitgliederversammlung

Der Morgen danach

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(opa) Kleine, polemische Glosse am Morgen danach? Angesichts der gestern angekündigten Zahlen (erneut Verlust über 50 Mio. € zu erwarten und ein zweistelliger Millionenbetrag weniger TV Geld für die kommende Saison), sollten wir uns von dem Gedanken verabschieden, dass der Manager (für den wir übrigens 5 Mio. € Ablöse gezahlt haben und) der als quasi erste (reichlich bequeme) Entscheidung Dardai als Trainer behält, kaum erwarten können, dass Spieler von der Kragenweite Kostic hier andocken.

Bobic hat ab morgen eine denkbar schwere Aufgabe vor sich. Ein unausgegorener und offensichtlich viel zu teurer Kader, zu dem der ebenfalls viel zu teure Selke zurückkehrt, eine quasi unkündbare Vereinsikone als Trainer, wenig bis gar kein finanzieller Spielraum und eine Vereinsführung, die sich gestern unter den gegebenen Umständen höchstens zu so etwas wie einer Art Mittelmaß committet hat, über deren Details man Vertraulichkeit vereinbart hat und die im Rahmen von Operation Goldelse im Rahmen eines Fünfjahres-, äh, Dreieinhalbjahresplans verwirklicht werden sollen. Solche Pläne haben immer funktioniert. Oder nicht?

Wie bei Hertha das Ergebnis der gestern angekündigten “knallharten Analyse” der abgelaufenen Saison ansieht, ahnen diejenigen, die das schon einmal mitgemacht haben. Das Ergebnis waren (beim eigenen Publikum) gefürchtete Spieler wie “Restwein” oder “Schleckie”, Legenden wie Hegeler, Ottl, Ndjeng oder “Zehgerci”. Hat sich Hertha gestern auf den Weg gemacht, in die Fußstapfen “großer” Vereine zu treten? Also zumindest derjenigen, die nun in Liga zwo und tiefer kicken?

Die Traditionalisten könnten sich dann auf Duelle mit namhaften Gegnern wie dem ehemaligen Rekordmeister Nürnberg, dem Reichsmeister Gelsenkirchen oder den ohne Betzenberg kickenden Kaiserslauterern, dem altehrwürdigen und unaufsteigbaren HXV, die Sechz’ger oder den Freunden aus dem Badischen freuen. Aber vorher dürfen wir noch mindestens einmal eine Ehrenrunde gegen die heute “Großen” wie “Stadt des KdF Wagens bei Fallersleben”, Vizekusen, Hoppelheim, Rote Brause Fuschl oder das auf den Politbürobeschluss 1966 gegründete Konstrukt vom südöstlichen Stadtrand drehen, wobei mir immer noch einer derjenigen erklären muss, die behauptet haben, Hertha würde von deren Aufstieg profitieren, worin genau dieser Profit jetzt liegt. Vermutlich bin ich einfach nicht intelligent genug, um die Zusammenhänge zu verstehen.

Und bei Hertha? Alles wie immer also? Zurück in die Zukunft? Mag sein, dass ich trüben Gedanken nachhänge. Mag sein, dass das defätistisch ist. Aber wo soll die Aufbruchstimmung denn herkommen, wenn wie einst in Schilda der Schatz über Bord geworfen wurde und die Stelle nur am Bootsrand markiert ist und alle dem Kapitän dafür das Vertrauen aussprechen, der schon längst einen Nachfolger präsentieren wollte, weil er selbst zugab (zuletzt gestern), von Nautik keine Ahnung zu haben? Haben wir es nicht besser verdient?

Gut, es könnte ja sogar super laufen. Dardai diszipliniert die Truppe, Bobic krempelt im Hintergrund den Laden auf links und das Scouting entdeckt Spieler, die tatsächlich noch hebbares Potential haben, während man gemeinsam mit dem Senat ein bebaubares Grundstück findet, auf dem die blauweißen Stadionträume Realität werden können, während man auf dem Rasen von Erfolg zu Erfolg eilt und schon in der darauf folgenden Saison wieder europäische Hymnen im Stadion hört. Muss ja gar nicht die “Schempjenslieg”-Hymne sein, die wie beim Finale in Porto zu einer bombastischen Pyroshow gespielt wurde (denkt denn niemand an die Kinder?).

Euroleague oder Dönercup würden ja für den Anfang schon mal reichen. Der Pokalsieger San Marinos wird sicher die Massen strömen lassen, wenn es in die Qualispiele geht. Von der Schönheit der Konferenzliga wird man sich am südöstlichen Stadtrand überzeugen können. Wobei da dann die Hütte voll sein wird. Haben ja nur Dreitausendsechshundertirgendwas Sitzplätze. Oder die müssen umziehen ins Oly. Wenn sie das auch vollmachen, haben wir sicher davon profitiert, oder?

Nein, der 31. Mai ist trotz beginnendem Sommerwetter und strahlendem Sonnenschein irgendwie ein trüber Tag für mich (nur für mich?) als Herthaner. Wenigstens ist die Mannschaft geimpft. Ob sie auch entwurmt wurde, wurde gestern vergessen zu fragen und das, obwohl nun erkennbar der Wurm drin war. Möge es besser kommen als befürchtet. Gebetet wurde ja schon vor der Mitgliederversammlung im Rahmen einer ökumenischen Andacht. Wer daraus “Gott mit uns” schließt, dürfte dabei eher falsch liegen, denn bei einer Andacht wendet man sich an den dreieinigen Gott (gestern war passenderweise Trinitatis) und – vielleicht passend und hoffnungmachend zu Hertha – kann eine Andacht auch von einem Laien geleitet werden. Hosianna!

Darauf ein Ave Maria, zwei Rosenkränze und ein fettes Ha Ho He! Euer Opa

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