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Zitterpartie zum Stotterstart

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(opa) Die erste Auswärtsfahrt seit Jahren stand bei mir an und irgendwie kribbelte es immer mehr, je näher ich mich dem Münsteraner Stadion näherte. Schon in der Innenstadt fielen mir viele Blauweiße auf, die meisten, mit denen ich ins Gespräch kam, waren Exilherthaner, die die Gelegenheit nutzten, um endlich mal wieder ihre Hertha im Stadion zu sehen. Abgesehen von einer ziemlich katastrophalen Anfahrtsituation, wo der Fußweg sich als mindestens genauso schnell herausstellte wie die eigentlich lt. Fahrplan nur 12 minütige Busfahrt und abgesehen davon, dass das Münsteraner Stadion gerade eine Großbaustelle ist, ist es in Münster familiär und die Stimmung war, von kleinen Scharmützeln am Zaun abgesehen, wo einigen die Sicherungen durchbrannten, sehr, sehr entspannt, auch in der Innenstadt, wo ich noch in Gegenwart einiger offensichtlich als Herthaner zu erkennenden Fans ein Siegesimbiss zu mir nahm.

Wobei dieser Sieg durchaus geeignet ist, den Unterscheid zwischen Siegen und Gewinnen darzustellen. Man hat zwar gesiegt, aber sicher niemanden gewonnen, dafür war der Auftritt einfach insgesamt zu schlecht. Hätte Ernst nicht ein paar Großchancen gehalten, hätte sich niemand beschweren können, dass zur Pause Münster 3:0 geführt hätte. Während die Münsteraner das Spiel machten und die Herthaner umspielten, als seien es Trainingsstangen, war das einzige Konzept der Herthaner, um etwas Ruhe reinzubringen, ein langer Ball nach vorn, der im Regelfall innerhalb weniger Sekunden zurückkam. Die ganze Spielanlage stimmt auch im dritten Pflichtspiel nicht und die von Trainer Leitl herangezogene Erklärung, das liege an den vielen Verletzten, wirkt eher verzweifelt als überzeugend. Denn von den Verletzten ist niemand dabei, der Qualitäten mitbringt, die die Defizite ausgleichen können, die ganz offensichtlich sind.

Dazu kommt eine etwas störrisch wirkende Aufstellung, wo Trainer Leitl Woche für Woche Spieler in einem System aufstellt, in welchem sie nicht optimal wirken. Unsere Abwehrreihe leidet nicht nur unter Stellungsspiel- und Tempodefiziten, sie ist zusätzlich wegen des riesigen klaffenden Lochs davor auch permanent unter Feuer und sieht entsprechend schlecht aus. Dass Dardai eine Pause bräuchte, ist wohl unstrittig, aber das systemische Problem wird jeder andere auf dieser Position auch haben. Die Probleme bestehen in allen Mannschaftsteilen und klar, den Abgang eines Maza kann man nicht so einfach kompensieren, aber man hatte jetzt rund ein halbes Jahr Zeit, sich zumindest mal darauf einzustellen, wie man damit umgehen will und alles, was bisher gezeigt wurde, deutet darauf hin, dass das einfach großer Käse ist und Hertha mit dem Aufstieg nichts zu tun haben wird, wenn man so weitermacht.

Wer glaubt, dass mit dem Sieg der Bock umgestoßen wurde, dürfte die Dynamik überschätzen, die so ein durch reinen Dusel errungenen Sieg im Pokal auslösen kann, denn Hertha profitierte primär vom Unvermögen der Münsteraner, das Tor zu treffen, obwohl man selbst noch viel unvermögender war, das Spiel zu bestimmen. Das war ja auch kein Kampfspiel, wo man am Ende dreckig gewonnen hat, sondern eben das Elfmeterschießen, bei dem man auch eine Münze hätte werfen können. Niemand hätte sich beschweren können und dürfen, wenn man in Münster ausgeschieden wäre. Und niemand sollte erwarten, dass im nächsten Spiel plötzlich der Knoten gelöst ist, denn das Knäuel ist noch zu verwirrt.

Einzig eine Umstellung auf einfacheren Fußball dürfte jetzt noch ein Weg sein, den vergeigten Saisonstart zu heilen. Klar hat Leitl letzte Saison mit dem System erfolgreich gespielt, aber da war Maza noch da, der im Mittelfeld Bälle festmachen und verteilen konnte und da war der selbsternannte Heiland Reese auch in Form. Und man war auch etwas weniger ausrechenbar. Das, was die Mannschaft jetzt braucht, ist neben mentaler Freiheit vor allem einfachen Fußball, der aus einer kompakten Defensive heraus den Gegner beschäftigt, Räume eng macht, kompakt steht und dann mit Tempokontern den Gegner überrumpelt. Schafft Leitl das? Spätestens mit der Startelf beim nächsten Spiel gibt er die Antwort.

Wie seht ihr das? Kriegt Hertha den Turnaround unter Leitl oder sind wir schon mitten in einer Trainerdebatte?

HaHoHe, Euer Opa

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