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Sommer, Palmen, Sonnenschein?

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(opa) Mit dem Hit aus der frühen Schaffensperiode der Berliner Band “Die Ärzte” im Ohr geht es in die neue Woche der gefühlt schon viel zu langen Sommerpause. Einige haben aus Verzweiflung sogar angefangen, Frauenfußball zu sehen, was für ein stärkeres Zeichen soll es noch geben, dass es endlich wieder losgehen soll? 😉 Aber im Ernst, was die Damen am Samstag gekämpft haben, war aller Ehren wert und Deutschland kann man zwar im Weltkrieg schlagen (wobei die Franzosen da eher weniger beteiligt waren), aber nicht im Elfmeterschießen. Wer am Samstag “Jetzt, wern’wa Meista!” Moment hatte, könnte auf dem richtigen Weg liegen. Wer so kämpft, hätte es jedenfalls verdient.

Gekämpft haben die Herthaner auch im Sommertrainingslager in Österreich. Leider sind derzeit reichlich Spieler verletzt, was für die Vorbereitung alles andere als optimal ist: Gersbeck, Goller, Brooks, Zeefuik, Klemens, Seguin, Demme und Schuler fallen aus, dazu das eine oder andere Zipperlein, was eine Trainings- oder Wettbewerbsteilnahme derzeit nicht empfiehlt. Andererseits sind das Probleme, die andere Teams auch haben. Kompensieren durch kurzfristige Neuzugänge kann man ohnehin nicht, der abermals geschrumpfte TV Geld Topf verengt die ohnehin engen Spielräume noch weiter und anderweitige Kompensation ist nicht in Sicht.

Der Popularität tut das keinen Abbruch. Zum Fanfest am Wochenende bildeten sich beachtliche Schlangen, die zeigen, wie wichtig den Berlinern ihre Hertha ist, egal in welcher Liga und in welcher Qualität gekickt wird. Ein buntes Familienfest, was mit einer Ansage verbunden war, die man längere Zeit vermisst hat: Unmissverständlich formulierte der Präsident die Ziele der Saison, die in nichts weniger bestehen als mit beiden ersten Mannschaften aufzusteigen, mit den Herren in Liga 1, mit den Damen in Liga 2. Wie man das angesichts der Rahmenbedingungen schaffen will? Diese Frage bleibt vorläufig unbeantwortet.

Unbeantwortet bleiben auch andere Fragen, zum Beispiel, wer zum Saisonauftakt in der Startelf steht, das könnte für die eine oder andere Überraschung sorgen und der eine oder andere Name fallen, bei dem der nicht so firme Zuschauer “Wer?” fragt. Egal, denn die Hauptsache ist, dass man erfolgreich ist, der aktuelle Stand wird sich also am leichtesten an der Tabelle ablesen lassen.

Seid ihr angesichts der kurz bevorstehenden Stadioneröffnung auch so gespannt? Am 25.7.2025 soll das Eröffnungsspiel stattfinden, die Einladung wurde schon 2018 ausgesprochen . “Bitte vormerken” kündigte Schiller seinerzeit vollmundig an, im Januar 2019 ließ man sogar Einladungen drucken. Mit genauem Standort. Selten ist Hertha überzeugter aufgetreten hinsichtlich der eigenen Prognosen. Bei den Recherchen für diesen Opener stolperte ich auch über diesen aus dem Januar 2022. „Wir wollen und werden mit diesem Projekt die Wirtschaftskraft von Hertha BSC stärken“ – war seinerzeit das Versprechen, als längst klar war, dass man den Zeitplan nicht halten kann. Und obwohl man 183 Millionen ausgab, obwohl man nur 105 Millionen einnahm, hieß es „Wir sind aktuell gut aufgestellt, um die Aufgabe der Zukunft zu meistern. … Das ist der entscheidende Faktor für die wirtschaftliche Stabilität und die Planungssicherheit“ und man zähle zu den Top-drei-Vereinen in Deutschland.

Sätze, die heute wie Hohn klingen und einem fast das Blut in den Adern gefrieren lassen, angesichts des Trümmerhaufens, den die damals Verantwortlichen hinterließen. Man stelle sich vor, man müsste bei der derzeitigen Einnahmesituation das 250 Mio. € plus x-Projekt stemmen. Berlins lange Geschichte von Bauskandalen und -ruinen wäre um ein unrühmliches Kapitel reicher, genau wie Herthas Skandale. Um so erstaunlicher, dass man trotz der Rahmenbedingungen an den Plänen grundsätzlich festhält. Das sagt sehr viel über das realistische Einschätzungsvermögen unseres Vereins aus und trübt dadurch auch das Bild auf die sonstigen ausgegebenen Ziele, seien diese nun sportlicher oder finanzieller Natur.

Hertha ist derzeit wie der Sommer also sehr durchwachsen. Entweder man braucht einen Taucheranzug oder eine Klimaanlage. Ein Verein der Extreme, den man vielleicht nur erträgt, wenn man selbst ein wenig extrem ist. Mindestens aber mal extrem verliebt in diesen Verein. Rational lässt sich das nämlich kaum erklären. Gut, rational lässt sich auch nicht erklären, warum jemand in den heißesten Monaten ans südliche Mittelmeer oder in noch heißere Gefilde fliegt, wo es über 40° wird, aber das muss ja jeder selbst wissen. Und was mal wieder beweist, dass der Mensch dann doch nicht so rational ist, wie er immer tut. Was wiederum auch gut ist, denn ohne Emotion wäre Fußball dann doch fad wie ein abgestandenes Glas Sekt.

Also macht Euch eine frische Flasche auf, findet einen Anlass, stärkt die kaiserliche Kriegsmarine, für die die vorübergehende Sektsteuer 1902 eingeführt und nie abgeschafft wurde (1,02 € kostet heute jede 0,75l Flasche Sekt an Schaumweinsteuer), denkt dran, dass unser Verein ja auch nach einem Schiff aus dieser Zeit benannt ist und wenn Euch Sekt nicht schmeckt, dann trinkt eine Sportmolle, #ne Fassbrause, ein Glas Buttermilch oder das Getränk, zu dem man mit “Slàinte Mhath” anstößt. In Psalm 23 heißt es nicht umsonst “Der Herr schenke mir voll ein” und unser das christliche Abendland begründende Heiland hat nicht umsonst Wasser in Wein verwandelt. Und wenn unser Verein schon “nicht so gut” ist wie andere, bleibt es bei der Devise: Das Leben ist zu kurz für schlechten Wein. Ganz egal, wie der Sommer so ist.

HaHoHe, Euer Opa

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