Veröffentlicht am Kategorien 2. Bundesliga, 2025, Allgemein, Spieltagsnachlese

Mit Exorzismus zurück in der Spur?

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(opa) Was für ein wichtiger Sieg und was für ein Statement, dass man auch in einem ausverkauften Olympiastadion am Ende einer englischen Woche als Herthaner mit stolzgeschwellter Brust sagen kann, dass man alle drei Spiele gewonnen hat. Das kommt nicht allzu häufig vor und von daher sollten wir den durchaus eher raren Moment der Freude auch genießen und zu konservieren versuchen. Nach dem verkorksten Saisonstart, nach diversen Systemversuchen scheint sich endlich eine Grundordnung gefunden zu haben, die erfolgreich die gestellten Aufgaben bewältigen und Spiele gewinnen kann. Spieler wie Marton Dardai, der zu Beginn der Saison in Formtiefs steckte, blühen nach und nach auf und bringen die PS endlich auf die Straße. Selbst personelle Veränderungen wie das Rausrotieren aus der Startelf von Eichhorn, bringen die Statik nicht ins Wanken. Das ist gut, sehr gut sogar, weil man auf dieser Grundlage aufbauen wird können.

Das weitere Aufbauen wird allerdings auch nötig sein, denn, um es mit Shakespeare zu sagen, es ist noch längst nicht alles Gold im Staate Dänemark und auch wenn man eine Basis hat, ist diese immer noch fragil und kein Anlass, sich auf den Lorbeeren ausruhen zu können. Für drei gewonnene Heimspiele allein gibt es keinen Pokal und auch keine Eintragungen in den Geschichtsbüchern. Und es gab auch bei den Siegen Spielszenen, die nicht funktionierten oder gar gut waren. Daran muss das Trainerteam nun arbeiten und dabei vielleicht auch Veränderungen vornehmen, die nicht immer funktionieren werden oder von außen nachvollziehbar sind.

So erfreulich es ist, dass die Dresdner noch eine Stunde ohne ein Tor zu erzielen hätten spielen können, so ärgerlich waren die Fehler im Spielaufbau, die vor allem in Halbzeit zwei, als Hertha einen Gang zurückschaltete und das Ergebnis zu verwalten versuchte, den Gegner noch einmal ins Spiel zurückbrachten. Diese entstanden nicht selten aus Unabgestimmtheit und schludrigen Pässen. Daran kann man arbeiten, daran muss man arbeiten. Nicht verlorene Bälle müssen zudem nicht verteidigt werden, was die sich immer besser entwickelnde Defensive zusätzlich entlastet und dieser die Möglichkeit gibt, sich selbstbewusst und unterstützend ins Aufbau- und Offensivspiel einzubringen, weil so auch das Mittelfeld ein Stück nach vorn schieben und das Spiel in die gegnerische Hälfte verlagern kann.

Gelingt das, dann kann bei Hertha diese Saison das Wunder noch geschehen und man kann sich Stück für Stück nach oben heranarbeiten und zurück in die Spur finden, die man als Saisonziel vorgegeben bekommen hat. Auch wenn nicht alle glücklich mit diesen Ambitionen waren, wesentliche Teile dieses Kaders wird man nur zusammenhalten können, wenn man mindestens mal oben mitspielt. Ernst, Eichhorn, Krattenmacher und auch Reese (sofern in Form) sowie in Teilen Cuisance werden sich selbst in Liga 2 kaum noch weiterentwickeln können und nur bleiben, wenn es eine Perspektive nach oben gibt. Oder evtl. aus wirtschaftlichen Gründen auch verkauft werden müssen (abgesehen von Krattenmacher, der ja eh nur geliehen ist).

Daher sollte man das Momentum nutzen und schauen, dass man da das Optimum herausholt und zumindest den Abstand nach oben mindestens mal verringert, um am Ende in den 1:1 Duellen aus eigener Kraft vorbeizuziehen. Dafür muss man aber noch eine Schippe Leistung drauflegen, auch wenn die Ergebnisse derzeit passen. Besseres Passspiel, besseres Laufspiel, besseres Nachrücken, bessere Chancenverwertung wird es brauchen, wenn man das erreichen möchte. Die Mannschaft hat das Potential und hat es selbst in der Hand, der Trainer muss es nur schaffen, das Team entsprechend zu orchestrieren. Und das wird noch ein hartes Stück Arbeit und es wird auf diesem Weg noch den einen oder anderen Rückschlag geben.

Umso ärgerlicher ist der Blick zurück auf den Saisonstart, wo man 5-8 Spiele gebraucht hat, um die Kurve zur jetzigen Tendenz zu kriegen. Aber ein englisches Sprichwort besagt, dass man nicht über verschüttete Milch weinen soll. Daran ist nun auch nichts mehr zu ändern, daher sollte unser Blick auf dem liegen, was sich ändern lässt und das Ziel wird mit harter Arbeit, Ausdauer und etwas Fortune zu erreichen sein.

Hin- und hergerissen bleibt der Beobachter zurück von der Formkrise von Kapitän Reese, der Mitspieler anschnauzt oder die Faust in den Boden rammt, wenn diese Chancen vergeben, während er selbst Bogenlampen produziert. Die Balance zwischen Eigenwahrnehmung und erbrachter Leistung ist derzeit weiterhin nicht in Waage, ihm fehlt es an Tempo und Zweikampfstärke, für die er einst berühmt war. Wo früher drei Gegenspieler ihn nicht stoppen konnten, braucht es heute nicht einmal den schnellsten und geschicktesten. Das mag auch Kopfsache sein, aber so lange er nicht der alte ist, sollte er sich nicht bei seinen Mitspielern beklagen, denn herausragen tut er derzeit weiterhin meist nur bei misslungenen Situationen.

Anfang der Woche haben die Spieler und auch Reese sich ihr trainingsfrei allerdings mehr als verdient und nutzten den Tag hoffentlich zur Regeneration und zur Reflexion. Heute soll der Herthatrainingszug wieder aufs Gleis gesetzt und weiter in der Spur bleiben, das nächste Spiel gegen Lautern ist ein klassisches Sechspunktespiel, dazu eine aggressive Atmosphäre, ein daheim bislang ungeschlagenes Team, es wird also Zeit, denen dort den Teufel auszutreiben oder um es mit einem Abschnitt aus dem “Laienexorzismus” auszudrücken:

Ergreife du selbst den Drachen, die alte Schlange, die kein anderer ist, als der Teufel, der Satan,

und stürze ihn in Ketten gefesselt in die Hölle,

damit er nicht weiter das Menschengeschlecht verführen kann.

Und da die Lauterer zudem ja Derbygegner unserer badischen Freunde aus Karlsruhe sind, macht ein Sieg über den Teufel doppelte Freude.

HaHoHe, Euer Opa

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