Veröffentlicht am Kategorien 2. Bundesliga, 2024, Allgemein

Spiel, Satz und Sieg

128 Kommentare lesen

(opa) Gestern ist nach wochen- bzw. monatelangen Protesten die DFL eingeknickt und hat die Pläne verworfen, sich bei einem Investor Geld zu beschaffen. Dieses Geld war für den Ausbau der Internationalisierung und Digitalisierung vorgesehen, ohne, dass das genauer spezifiziert wurde, schließlich sollte ein nicht unerheblicher Teil des Geldes an die Clubs ausgezahlt werden, was angesichts der Haushaltsdisziplin, die in nicht wenigen Clubs kaum besser ist als bei Hertha, sicher nicht zum gewünschten Ergebnis geführt, sondern eben zu jahrzehntelangen Mindereinnahmen geführt hätte.

Schließlich sollten die zuletzt geplanten 700 Millionen über 20 Jahre durch Abtretung von 7 % der audiovisuellen Vermarktungsrechte, die derzeit rund 1,1 Mrd. € pro Jahr bringen und somit dem Investor 77 Millionen pro Jahr gebracht hätten, zurückgezahlt werden, was umgerechnet einem Annuitätendarlehen mit einem Zinssatz von 9 % entspricht, bei steigenden Einnahmen wäre sicher eine zweistellige Rendite drin gewesen, wobei vermutlich bewusst unklar blieb, was denn bei sinkenden Erlösen geschähen wäre.

Der Deutsche Fußball sollte froh sein, dass die Fans ihn vor einer Dummheit bewahrt hat, die die Existenz hätte kosten können. Zumal ein nicht unwesentlicher Teil der nebulös als “Digitalisierungsmaßnahmen” beschriebenen Vorhaben sich darum hätte drehen sollen, Schwarzsehen zu erschweren. Nach Jahren grenzenlos scheinenden Wachstums ist der Fußball in einer Art Konsolidierung angekommen. Die Ligen haben europaweit zu kämpfen, dass die Anschlussverträge für die TV Übertragungsrechte wenigstens das Niveau halten, während die TV Sender große Schwierigkeiten mit der Refinanzierung haben, weil die Abozahlen auch aufgrund massiv gestiegener Kosten (allein DAZN ist in wenigen Jahren von 7,99 € auf heute 34,99 € um 438 % gestiegen) mutmaßlich rückläufig sind.

Dass der Fußball bei entsprechendem Angebot dennoch attraktiv ist, die derzeitige Verteilung der TV Gelder jedoch dem überhaupt nicht entspricht, zeigt sich u.a. daran, dass die Zweitligastadien mehr Zuschauer haben als die mit Zwergen- und Retortenclubs aufgefüllte erste Bundesliga. Doch da die Haushaltsplanungen der Zweitligisten auch auf Wachstum von TV Geldern und ggf. möglichen Aufstiegsszenarien basieren, dürfte eine Trendumkehr kaum in Aussicht sein, die Abhängigkeit von steigenden Einnahmen zu reduzieren. Ein paar Möglichkeiten zur Vermarktung gibt es ja noch, um die Einnahmen zu steigern. Videoassistent präsentiert von einem Wettanbieter, der ad hoc Wetten auf die Entscheidung annimmt (natürlich, ohne diese zu beeinflussen). Oder reguläre Trinkpausen, die man für Werbeeinblendungen während des Spiels nutzen kann. Es müssen ja nicht Werbeflächen auf den Hosen der Spieler sein, wie es sie in anderen Ligen längst gibt.

Ja, vielleicht verkürzt man den Abstand zur Premier League nicht, vielleicht verliert Deutschland einen Champions League Platz, aber aus welchem Grund sollte das so schlimm sein? Finnland und Dänemark haben auch keinen, dennoch leben in beiden Ländern die glücklichsten Menschen Europas. Gut, da mag keine Kausalität bestehen, aber deshalb muss man ja nicht seine Seele verkaufen, von deren Erlösen das meiste ohnehin dafür verwendet werden dürfte, damit die Bayern sich ihre Trainerwechsel zukünftig leisten können. Kein Wunder, dass gerade die Lobbyisten der Münchner Sturm gegen die DFL Entscheidung laufen und die fadenscheinigsten Begründungen dafür finden, damit BUMS&BLÖD mehr Empörungsklicks generieren.

Vielleicht war das gestern ein dunkler Tag für die aktuell Finanzverantwortlichen der Vereine und des Ligaverbands, für die zukünftigen Kämmerer dürfte der Tag ein guter gewesen sein. Und somit ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit, der sich die Liga doch verschrieben hat, deren Spieler mit dem Flieger reisen, während der Mannschaftsbus zwecks entsprechender Inszenierung leer vorfährt, um die Transfers vor Ort erledigen zu können.

Voller Zuversicht können wir Fans also nun nach vorn schauen. Auch auf das nächste Spiel, auf das uns unser Sunny auch im fünften Jahr des Bestehens unseres Rettungsboots wieder vorbereiten wird, obwohl die Frage bisher offen bleibt, ob er wohl Tennis spielt. Aufschlag sunny heißt es also am Samstagmittag wieder, wenn Hertha auswärts gegen das Deutsche Brunswick antritt. Brunswick ist übrigens ein Ortsteil von Manchester, wo Premier League und Champions League daheim sind. Mit etwas Dialektik und Phantasie lässt sich so ein schnödes Zweitligaspiel zu einem internationalen Knaller umdeuten.

HaHoHe, Euer Opa

128 Comments
neueste
älteste
Inline Feedbacks
View all comments