Veröffentlicht am Kategorien 2023, Allgemein, DFB Pokal, Spieltag

Die eigenen Gesetze

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(opa) Kurz vorab: Wer erwartet, dass hier etwas zu Fußball steht, wird heute enttäuscht werden und kann gleich drunter schreiben, wie sehr er enttäuscht ist 😉 Wer etwas Ablenkung sucht, in der auch Fußball und das gestrige Spiel eine Rolle spielt, kann gern weiterlesen, bevor er unten schreibt, wie schlimm er diesen Blog findet. Was für ein Fest muss das gestern im Oly gewesen sein. Leider spielte mir zunächst das Zeitmanagement des besuchten qualitativ exzellenten gallischen Gastronomiebetriebs einen Streich, der nicht dazu zu bewegen war, vor 19:15 Uhr zu öffnen. Und für einen Vorspeisenteller mit allerlei Krustentier braucht man eben Zeit zum Pulen, wird aber mit köstlichem Geschmack belohnt und spätestens ab der zweiten Flasche Wein setzte das Gefühl ein, man könne ja auch zur zweiten Halbzeit einsteigen. Immerhin stand es ja lang 0:0, wir hatten also zumindest vom Ergebnis her wenig verpasst. So etwa bei viererlei Fisch aus der Cocotte oder gegrilltem Wolfsbarsch mit Herbstgemüse muss das erste Tor gefallen sein. Beim Käse war schon Halbzeit und der eigens dazu bestellte und leider etwas zu kühle Burgunder musste noch ausgetrunken werden, während es etwas Süßes gab.

“Merci Monsieurs et bonsoir” schallte es zum Abschied, nachdem wir die durchaus happige, aber irgendwie angemessen scheinende Rechnung beglichen hatten. Wer isst wie die Franzosen, hat sich die Früchte der Erde untertan gemacht, während die Art, wie viele Deutsche essen, einen lediglich unter die selbigen Früchte bringen dürfte. Durch den aufziehenden Sturm ging es am Hafen und am Kai vorbei zur Unterkunft, wo neben dem Tablet noch der Kamin in Gang gebracht werden musste. Es stand schon 2:0 und wir stießen noch mit dem einen oder anderen Calvados auf die Tore und den Sieg an, von dem wir Reste der zweiten Halbzeit sehen konnten.

Zufrieden mit dem Ergebnis der letzten beiden Partien kann man, muss man sein. Die Art und Weise des Zustandekommens kann man zum Teil einer akademischen Debatte machen, aber wir gaben uns lieber den Genüssen der großartigen Region und der Derpartements hin, die wir gestern besucht hatten. Der Franzose würde zum gestrigen Spiel wohl so etwas wie “et voilà” sagen und nachschenken. Wer weiß, wann es einem die Deutschen oder Engländer wegtrinken oder die Sturmflut es davonreißt. Sturm Ciaràn wütete die ganze Nacht ablandig, entwurzelte Bäume, Mülltonnen, Trampoline, alles, was nicht niet- und nagelfest war, flog die ganze Nacht über durch selbige und sorgte angesichts der Neigung des Franzosen zu Freileitungen für einen großflächigen Stromausfall.

Nachts um 4 war der Strom weg, gegen halb zehn morgens war er dann wieder da. Gut, wenn man einen Kamin hat und etwas improvisieren kann, so hatten wir wenigstens Kaffee in der langsam wärmer werdenden Bude und freuten uns immer noch übers Ergebnis, während draußen vor der Tür der Atlantik bis ans Auto schwappte. Größte Sorge war ohnehin nicht der fehlende Strom oder der über die Ufer zu gehen drohende Atlantik, sondern, dass wir nicht bedacht haben, dass im katholischen Frankreich sowohl Allerheiligen als auch Allerseelen Feiertag ist und es einiges an Mühe kostete, ein offenes Geschäft zu finden, welches uns mit neuem Brennholz, Calvados und Wein versorgte.

Dank teutonischer Hartnäckigkeit sind die Vorräte aber aufgefüllt, der Kamin knistert vor sich hin, der Atlantik zieht sich tidenbedingt bereits wieder zurück. Hier am Ort erreicht der Tidenhub etwa 7 Meter, an manch anderer Stelle dieser Küste sind es sogar bis zu 16 Meter Höhenunterschied zwischen Ebbe und Flut. Dabei erreicht die Tide an einigen Stellen Geschwindigkeiten von bis zu 60 km/h, also etwa doppelt so schnell wie Herthas Mittelfeld, was einem die Frage aber nicht beantwortet, ob die nun schnell sind oder nicht. Wir werden das heute bei Muscheln, Wein und Calvados weiterdiskutieren, wenn wir nicht ohnehin den Punkt erreicht haben, wo es uns egal ist.

Wie der Pokal seine eigenen Gesetze hat, so hat eben auch die Urlaubsstimmung ihre eigenen Gesetze. Au revoir et à d’autres victoires pour notre équipe, HaHoHe (lustig, wenn das ein Franzose auszusprechen versucht), Euer Opa

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