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Schluss, aus, vorbei?

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(opa) Es gibt das Sprichwort, dass man niemals so ganz geht. Selbiges könnte auch für den Abgang des erfolgreichsten Trainers von Hertha BSC seit Lucien Favre gelten. Dardai hat dreimal das Amt übernommen und war während jeder seiner Amtszeiten eigentlich unabhängig von den Rahmenbedingungen und Ergebnissen zum Teil massiver Kritik ausgesetzt. Selbst als man sich zweimal hintereinander fürs internationale Geschäft qualifizierte, wurde herumgekrittelt. Nicht gut genug, nicht schön genug, falsch ein- und aufgestellt sowie zu wenig Weiterentwicklung waren die Hauptkritikpunkte, die genauso stimmen dürften wie die Tatsache, dass es die Nachfolger von Dardai nicht besser machten. Der knurrige Ungar, der bisweilen das Image des in der Charlottenburger Komfortzone angekommenen Bonvivants selbst pflegte, polarisiert eben.

Und er kokettiert gern mit Angeboten, die er vorliegen hatte. Als Spieler hätte er zu den Bayern gehen können, als Trainer zu anderen namhaften Clubs. Er wollte laut Eigendarstellung immer nur Hertha. Und Hertha hat sich diese Loyalität auch immer durchaus etwas kosten lassen, u.a. mit einem zwischenzeitlich zeitlich unbefristeten Vertrag als Jugendtrainer, der dann von Ex-Manager Bobic beendet wurde, der wohl erkannte, dass es nicht zwingend förderlich ist, immer einen Schattentrainer im Verein zu haben. Auch wenn ich persönlich nach der zweiten Amtszeit und nach einer für mich sehr prägenden persönlichen Begegnung mit Pal zu einem seiner Kritiker wurde, zolle ich ihm dennoch Respekt und schulde ihm Dank dafür, dass er in schwierigen Zeiten an der Seitenlinie stand und nach verkorkstem Saisonstart die Saison einigermaßen respektabel zu Ende gebracht hat.

Für einen Kraftakt, den Aufstieg wie seinerzeit unter Preetz zweimal zu erzwingen, fehlte es ohnehin an finanzieller Substanz. Zwar operierte Hertha mit Rekordbudget, allerdings gehört zur Wahrheit auch, dass man damit zu einem nicht unwesentlichen Teil vor allem Underperformer bezahlen musste, die man nicht loswurde. Zudem gehörte es zum Konzept der abgelaufenen Saison, mit Nachdruck auf Spieler aus der eigenen Jugend zu setzen. Gerade letzteres hat Dardai vorbildlich umgesetzt, indem er nicht nur mit den drei Dardais, sondern auch mit Winkler, Gechter, Klemens, Maza und Scherhant regelmäßig spielte und so deren sportlichen Wert hob, aber auch deren Marktwerte steigerte.

Vom Ende einer Ära zu sprechen dürfte dennoch den Gesamtumständen nicht gerecht werden. Klar ist, dass der oder die Nachfolger am Erreichten gemessen werden wird und dass Dardai da durchaus Fußstapfen hinterlassen hat, in die man erst einmal hineinpassen muss. Dazu kommt, dass Dardai ja schon als Spieler Legendenstatus hatte, weil er eben nie gewechselt hatte. Weder als Spieler noch als Trainer war er nun so überragend, dass man ihm ein Denkmal bauen müsste, aber wenn er gebraucht wurde, war er da und hat seine Arbeit gemacht, deren Ergebnis zwar nicht jeden überzeugte und die nun nicht die Erfindung von etwas Großem war, aber eben doch irgendwie grundsolide und auf Dardais eigene Art auch bodenständig.

Dass Dardai nun eine Position im Verein bekommen soll, ist folgerichtig, ob man sich auf ein Format wird einigen können, mit dem beide Seiten gut leben können, wird spannend zu beobachten sein. Hertha ohne Dardai wird es dennoch nicht geben, allein die Weiterbeschäftigung seiner Söhne wird dafür sorgen, dass der Name Dardai weiter bei Hertha eine Rolle spielen wird, daran ändert auch der Abschied vom talentiertesten der drei Söhne nichts, den es Richtung Wolfsburg zieht (wo man praktischerweise in Berlin wohnen bleiben kann).

Über das letzte Spiel von letztem Sonntag gegen den Tabellenletzten muss ich auch nicht das letzte Wort verlieren. Es ging letztlich um nichts mehr außer so etwas wie Werte, die von vielen in den Mund genommen und letztlich mit meist dürftiger Substanz geliefert werden. Der gemeine Fußballfan ist meist mit Floskeln und Symbolik glücklich und weiß dennoch, dass der Spieler, der heute Treue gelobt, beim entsprechenden Angebot morgen woanders spielt. Für Dudziak scheint es ein solches Angebot nicht gegeben zu haben, der hat eine weitere Saison bei Hertha verlängert. Wenn er fit ist, scheint er mir ein solider Zweitligaspieler zu sein, ob er fit wird, werden wir gemeinsam beobachten. Das ist sicher kein Königstransfer, aber den sollten wir in absehbarer Zeit auch (abgesehen von der Trainerverpflichtung) auch nicht erwarten. Mit Spielern wie ihm kann man jedenfalls in Liga 2 oben mitspielen.

Am Sonntag auf der MV wird es ggf. Neuigkeiten geben, nicht nur, wer Trainer Dardai nachfolgen soll, sondern auch, wie es in Sachen Finanzen und Lizenz weitergeht. Und weiter geht es in jedem Fall, das Motto “Blau-weiße Hertha wird niemals untergehen” ist unabhängig von der Liga oder Lizenz. Selbst wenn es in der Folge einer möglichen Insolvenz des Investors Hertha hinunterreißen sollte, dürfte genügend Substanz vorhanden sein, um den Verein am Leben zu erhalten. Wer in den 80er Jahren die Oberligazeiten mitgemacht hat, weiß, wie sich das anfühlt.

Daher ist es mit Hertha niemals Schluss, aus oder vorbei, diese Liebe hält ein Leben lang, auch wenn mal der Trainer oder die Liga wechselt. HaHoHe, Euer Opa

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