Veröffentlicht am Kategorien 1. Bundesliga, 2020, Allgemein

Geigenspieler beim Tauziehen

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(opa) Ganz leise geht ein ganz Großer. Nachdem wir uns in den letzten Tagen unsere Sichtweisen auf die vom Präsidenten gezogene Bilanz um die Ohren gehauen haben, ist im Pulverdampf ein ganz Großer gegangen. Ganz leise. 173 Spiele, 53 Tore, 16 Assists werden in den Geschichtsbüchern stehen. Die Rede ist von niemand anderem als dem ehemaligen Championsleaguegewinner, bei dessen Verpflichtung sich nicht wenige verwundert die Äuglein rieben:

Salomon Armand Magloire Kalou, im August 1985 in der Elfenbeinküste geboren, ballsicher, spielintelligent und bis auf wenige Aussetzer skandalfrei, hat Spuren hinterlassen. Spuren, deren Fußstapfen groß sind und so leicht nicht zu füllen sein werden. Nicht wenige fragten sich bei seiner Verpflichtung, was so einer ausgerechnet bei Hertha sucht. Beide dürften profitiert haben.

Kalou ist ein Profi, der seinen Erfolg durchaus zu genießen wusste, wenn er z.B. seiner Lebensfreude Ausdruck verlieh, indem er mit seinem knallroten Ferrari durch Berlin cruiste. Kalou war aber auch ein Star zum Anfassen, wirkte im Zusammentreffen mit Fans nie abgehoben, er sah sich nie als etwas Besseres und strahlte im positivsten Sinne Demut aus. Seit 2009 hilft er mit seiner Kalou-Foundation Menschen in seiner Heimat. 2015 wurde “King Kalou” Afrikameister und in den Wirren der Meisterfeierlichkeiten verpasste er seinen Rückflug. Was den einen als unprofessionell erschien, fanden andere zutiefst menschlich.

Einige haderten allerdings auch, wenn er aufgestellt oder eingewechselt wurde. Vielleicht auch, weil er im modernen Tempofußball mit seiner Virtuosität am Ball irgendwie Fehl am Platze schien. Wie ein Geigenspieler beim Tauziehen. So einen werden wir so schnell nicht mehr bei Hertha sehen, weil es solche Typen vermutlich auch nur wenige gibt. Doch genau diese Typen bleiben am Ende in Erinnerung.

Einer, der mit Köpfchen spielte und das Spiel auch mal langsam machte, nicht, weil er nicht schneller konnte, sondern weil mal wieder keiner mitgelaufen war. Einer, der auch mal drei Gegenspieler austanzen konnte. Heute früh lief über die Ticker der mal mehr und mal weniger sozialen Medien, dass er noch eine Saison bei Botafogo in Brasilien spielen wird. Ich wünsche ihm dafür alles Gute.

Meine persönlichen Highlights mit Kalou? Als er Torunarigha nach einem Patzer tröstete. Als er – offensiv eingeteilt – in höchster Not hinten aushalf. Und natürlich seine Ballbehandlung, seine Zuckerpässe und natürlich die Jubelmomente, die er mir schenkte. Bier tropfte von der Decke und man lag sich mit wildfremden animalisch schreiend in den Armen. Er war einer für die magischen Momente. Merci und Salut!

Was waren Eure Kalou Momente?

P.S. 1: Heute hat der lt. Ex-Trainer Otto Rehagel “fairste Spieler seit dem zweiten Weltkrieg” und heutige Präsident des Georgischen Fußballverbands Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch oder wie man lt. google Übersetzer auf georgisch sagt: გილოცავ (Gilotsav).

P.S. 2: Neues von der Technik: Das Umfragetool beschert uns weiterhin ein wenig Kopfzerbrechen. David und Dennis arbeiten an einer Lösung, ohne alte Umfrageergebnisse löschen zu müssen. Bitte an die Blogtugend denken: Geduld! Die Sommerpause ist lang.

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