(opa) Die Gerüchte scheinen sich zu verdichten, dass der derzeitige Geschäftsführer von Hertha der Wunschkandidat für die Nachfolge des zurückgetretenen Oliver Bierhoff ist. Fredi Bobic hat sich bislang nur kryptisch dazu geäußert, dass man drüber reden müsse, aber ein Dementi klingt jedenfalls anders und ein solches gab es bislang auch nicht zu vernehmen, weshalb wir uns schon mit dieser Thematik auseinandersetzen müssen. Eineinhalb Jahre nach Amtsantritt könnte Fredi Bobic eine Tätigkeit aus der Stadt weglocken, wo er doch nach eigener Aussage seinen Lebensmittelpunkt hat. Vielleicht war das aber auch nur die Story, um von seinem allzu üppigen Salär abzulenken, Bobic soll mit 3,2 Mio. € in Berlin immerhin einer der bestbezahltesten Manager des Deutschen Fußballs sein.
Da Hertha ohnehin gerade damit beschäftigt ist, Spitzenverdiener von der Payroll zu bekommen, würde das sogar in die Strategie passen, vielleicht bekommt man vom DFB ja auch noch wenigstens eine kleine Ablöse. Die Frage, die sich für Hertha in einem solchen Szenario stellt, ist, wer denn auf Bobic folgen soll. Wenn ich eine Liste der naheliegenden Kandidaten zusammenstelle, dann läuft mir ein kleiner Schauer über den Rücken:
Kaderplaner Dirk Dufner?
Der im Sportmanagement ambitionierte Kevin Prince Boateng?
Reaktivierung von Arne Friedrich?
Doch bevor wir uns dem Namedropping weiter widmen, sollten wir den Blickwinkel aus Sicht möglicher Kandidaten einnehmen. Hertha, ein Club in der Krise, sportlich wie finanziell unrund laufend, dauerhafter Abstiegskampf, dauerhaft im Licht der Öffentlichkeit stehend und dazu sicher ein deutlich reduziertes Gehalt im Vergleich zu dem, was Bobic verdient. Klingt trotz immer noch sicher gutem Salär aber nicht wirklich nach einem Traumjob. Die Handlungsspielräume sind begrenzt und die Liste der zu bewältigenden Probleme ist ellenlang, dazu kommen Hinterlassenschaften des Vorgängers, der die Geschäftsstelle wie kein Manager zuvor mit seinen Vertrauten umbauen durfte, deren Output bislang zumindest überaus bescheiden ausfällt und die man vermutlich nur gegen horrende Abfindungen loswerden dürfte.
Insofern dürfte jeder Neue hier von Anfang an auf Mauern stoßen, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten gebaut wurden und wo jeder weiß, wie er seine Stellung verteidigen kann. Selbst das millionenteure Projekt Goldelse und ein charismatischer Geschäftsführer Schmidt vermochten die Strukturen nicht nachhaltig genug aufzubrechen. Dass nach Schmidt und Friedrich nun Bobic eventuell auf etwas elegantere Art und Weise (“Das Vaterland ruft, da kann man nicht nein sagen, ja, ja…?”) sich seiner Verantwortung entzieht, sollte vielleicht dem Verein zu denken geben, wie es um die eigene Attraktivität bestellt ist und wie man sich das voneinander bisweilen stark abweichende Eigen- und Fremdbild erklärt und wie man das wieder zusammengeführt bekommt. Ein neuer Sportmanager allein wird das nicht erreichen.
Würde ein Abgang von Bobic Hertha in die Krise stürzen? Ich bin ein Verfechter der Theorie, dass ein Manager nie größer ist als der Verein. Einerseits würde es sicher Unruhe hineinbringen, andererseits muss man sich auch die Frage stellen, ob es denn wirklich so sehr viel schlimmer kommen könnte als die derzeitige Lage ist? Solche Veränderungen bieten ja auch immer Chancen und die Bilanz der Amtszeit von Bobic ist vor allem eher die, dass man mit relativ viel Geldoutput relativ wenig sportlichen Output generiert hat. Bobic hat 5 Mio. € Ablöse und bisher etwa das gleiche an Gehalt gekostet, hat 32 Mio. € für Transfers ausgegeben und ist die großen Problemfälle nicht losgeworden. Für beide Geschäftsjahre unter seiner maßgeblichen Führung hat Hertha mehr als 100 Mio. € Verlust erwirtschaftet.
Bei der Frage hinsichtlich des Anforderungsprofils an einen Nachfolger steht man vor der Wahl, einen “same, same, but different”-Kandidaten einzukaufen, der anderswo mal eine Zeit funktioniert hat, oder aber einen charismatischen Risikokandidaten zu holen, der mit frischem Wind und frischen Ideen die verkrusteten Strukturen aufbrechen kann und alle von fernen Zielen träumen lässt, damit jeder motiviert ist, Holz zum Schiffbau zu sammeln und sich auch von Rückschlägen nicht aufhalten lässt. Das wird sicher derzeit auch in den Gremien diskutiert werden, wo man in der Vergangenheit eher risikoavers unterwegs war, zumindest dann, wenn das Geld in der Kasse fehlte. Insofern würde es mich nicht wundern, wenn ein Horst Heldt oder Sven Mislintat hier aufschlägt.
Könnte natürlich auch sein, dass es wie bei der Papstwahl endet und derjenige, der als Favorit ins Rennen gegangen ist, am Ende nicht auf dem Balkon steht und den Segen spricht, somit Fredi und der DFB sich nicht einig werden und die Bobicfestspiele bei Hertha weitergehen. Wir werden es weiter beobachten und wir werden darüber diskutieren.
HaHoHe, Euer Opa